Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich kürzlich dafür ausgesprochen, den Mindestlohn zunächst auf 14 Euro und dann auf 15 Euro zu erhöhen. Ob es ihm darum geht, seine schlechten Umfragewerte im Wahlkampfgetöse etwas zu verbessern oder es andere Gründe gibt, ist nicht zu erfahren. Auf jeden Fall ist die Aufregung groß und wieder ist der Aufschrei von Union und FDP im Gleichklang mit der organisierten Unternehmerschaft unüberhörbar, die Lohnfindung sei ausschließlich eine Sache der Sozialpartner, in die sich die Politik nicht einmischen dürfe.
Der Mindestlohn wurde eingeführt, weil das deutsche Sozialpartnerschaftsmodell aufgrund der Schwäche der Gewerkschaften, hierzulande ausgerechnet im untersten Lohnbereich nicht mehr funktionierte. Weitere Gründe waren, dass die Höhe des Mindestlohns schon bei seiner Einführung mit 8,50 Euro auf einer rein politischen Entscheidung willkürlich festgelegt wurde und die Mindestlohnkommission von Anfang an mit der paritätische Besetzung einen schweren Konstruktionsfehler hatte, der der Gewerkschaftsseite jegliches Druckmittel aus der Hand nahm. So war es möglich, dass der Mindestlohn zuletzt nur im Centbereich erhöht wurde.
Mit seinem Vorstoß trägt auch Olaf Scholz nicht dazu bei, die Grundprobleme zu lösen, nämlich die Auflösung der Mindestlohnkommission anzugehen, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen wieder herzustellen, ihre Laufzeiten zu verringern, die nicht tabellenwirksamen Einmalzahlungen bzw. Inflationsausgleichsprämien abzuschaffen und die volle Tarifbindung wieder einzuführen. Die aktuelle Mindestlohndiskussion ist nur von oberflächiger Natur und lässt viele Aspekte unberücksichtigt weiterlesen